Wohnungspreise in Österreich und Wien steigen weiter rasant. Und was die Politik unternimmt.

Eine neue Untersuchung der Statistik Austria zeigt: der rapide Anstieg an Wohnungspreisen in Österreich und Wien nimmt nicht ab. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Im Jahr 2016 sind die Wohnungs- und Hauspreise um rund 8,5% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das ist ein stärkerer Anstieg als in den Vorjahren (2015: +4,9%, 2014: +3,5%).
  • Im EU-Vergleich für 2016 liegt Österreich damit an vierter Stelle der höchsten Preisanstiege im letzten Jahr. Lediglich Ungarn (plus 12,2 Prozent), Schweden (plus 9,4) und Lettland (plus 9,2) hatten stärkere Anstiege.
  • Im längerfristigen internationalen Vergleich ändert sich das Bild nicht. Seit 2010 sind die Preise im EU-Schnitt um 5,4 Prozent gestiegen. In Österreich waren es 41%. Lediglich Estland, Island und Schweden hatten von den in der Untersuchung inkludierten europäischen Ländern höhere Anstiege zu verzeichnen.
  • Die Preisanstiege waren in Wien besonders drastisch. Seit 2010 ist der Preis für Wohnungen in der Hauptstadt um 71,8 Prozent gestiegen. Dahinter folgt Salzburg mit 58 Prozent.
  • Details zur Studie der Statistik Austria gibt es hier: http://www.statistik.at/web_de/presse/111836.html

Klar ist: Hausbesitzer und Eigentümer freuen sich über die Anstiege. Für Mieter_innen drohen gleichzeitig steigende Belastungen. Denn irgendwie müssen die hohen Wohnungspreise refinanziert werden. Eine Variante ist der Weiterverkauf der Wohnung. Eine andere ist eine höhere Miete. Erst gestern sind die Richtwerte wieder angepasst worden. Mieter_innen in Wien zahlen statt bisher 5,39€ ab 1. April 5,58€ pro m². Siehe hier.

Viele Vermieter verlangen allerdings auch heute bereits wesentlich mehr als gesetzlich erlaubt. Die Nachfrage nach Beratung von Mieter_innen gegen überhöhte Mieten im privaten Mietwohnungssektor nimmt jedenfalls weiter zu. Mittlerweile gibt es nicht nur das Angebot der Schlichtungsstelle durch die Stadt, sondern auch eine Reihe an privaten Anbietern, die Mieter gegen Vermieter in der Auseinandersetzung vertreten. Zu viel Miete – über dem gesetzlich festgelegten Satz – wird im Altbau offenbar bereits so flächendeckend verlangt, dass es für gleich mehrere gewerbliche Anbieter lukrativ ist, rechtliche Beratungsangebote anzubieten. Mehr dazu hier.

Während die Wohnungspreise steigen und Mieten erhöht werden bastelt die Bundesregierung an der Aushöhlung der Gemeinnützigen Wohnungswirtschaft. Der Schlüssel ist eine Änderung des Vermögensbindungsprinzips im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Also der Vorgabe, dass Gewinne innerhalb des gemeinnützigen Wohnungskreislaufs wieder investiert werden und Gewinne auf 3,5% beschränkt werden müssen. Wie auf diesem Blog bereits berichtet, etwa hier, soll es nun für Finanzinvestoren erleichtert werden, gewinnbringend in Gemeinnützige zu investieren. Bisher hatten Anteile an Gemeinnützigen lediglich den Wert des eingezahlten Grundkapitals. Ab nun sollen sie zum Marktwert gehandelt werden können. Der spiegelt dann, laut Regierungsvorschlag, die positive Entwicklung des Wohnbauträgers, ebenso wie die Rücklagen und den Bilanzgewinn wider. Laut Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen wäre es konkret eine durchschnittliche Steigerung um das siebenfache. Vom derzeitigen Wert der Gemeinnützigen, 11,3 Milliarden Euro, sind nur rund sechs Prozent, 670 Millionen Euro, in bar eingezahlt worden.

Relevantes Detail: Der Regierungsvorschlag kommt anscheinend vom Rechtsanwalt eines Finanzinvestors, und wurde laut Falter Recherche vorangetrieben vom ehemaligen SPÖ Kulturminister Ostermayer. Der Hintergrund: Ostermayer ist seit kurzem Vorstandsmitglied eines großen gemeinnützigen Wohnbauunternehmens, der Sozialbau AG. Und große Anteile an der Sozialbau AG, wiederum, halten die SPÖ-nahe Versicherung Wiener Städtische, aber auch die SPÖ selbst. Eine Aufbesserung der Bilanzen über die Hintertür.

Für die Gemeinnützige Wohnungswirtschaft könnte eine Realisierung des Plans fatale Folgen haben. Wenn das Vermögensbindungsprinzip fällt, sehen die Vertreter der Gemeinnützigkeit eine existenzielle Bedrohung. Ohne Vermögensbindung wäre auch das Prinzip der Befreiung von der Körperschaftssteuer wohl rechtlich schwer haltbar. GbV-Obmann Wurm im Standard.At Gespräch: “Wenn ich in dem Bereich Anteile mit Gewinn verkaufen können soll, würden sich andere Bauträger, die Körperschaftssteuer zahlen müssen, wundern”. Darüber hinaus sieht Wurm auch die günstigen Mieten im gemeinnützigen Sektor bedroht. Ohne Vermögensbindungen können Kostenmieten nicht mehr garantiert werden. In diesem Sinn gefährde der Regierungsvorschlag leistbares Wohnen. Alois Feichtinger, Direktor des GbV, sieht im Falter “die Gefahr, dass hier Investoren mit einem spekulativen Hintergrund auf den Plan gerufen werden”. Pikant ist, dass es den Gemeinnützigen laut eigener Einschätzung gar nicht an Eigenkapital mangelt. Das Hauptproblem liegt vielmehr in der fehlenden Verfügbarkeit günstiger Grundstücke. Bodenpolitik statt Bilanzpolitik also.

1 Kommentar

Kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Die Kommentare geben nicht die Meinung der AutorInnen dieses Blogs wieder. Wir behalten uns jederzeit vor Kommentare zu entfernen - diesfalls können keine Ansprüche gestellt werden. Weiters behalten wir uns vor Schadenersatzansprüche geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen. Wir bitten darum, uns bei Verdacht auf entsprechnde Vorkommnisse zu kontaktieren.